Eisler  Liturgie vom Hauch
op.21 Nr.1, für gemischten Chor; Tx. Bertold Brecht

Einst kam ein altes Weib einher,
die hatte kein Brot zum Essen mehr.
Das Brot, das fraß das Militär!
Da fiel sie in die Goss', die war kalte.
Da hatte sie keinen Hunger mehr.
Darauf schwiegen die Vöglein im Walde!
Über allen Gipfeln ist Ruh,
in allen Wipfeln spürest du kaum einen Hauch!

Da kam einmal ein Totenarzt einher,
der sagte: Die Alte besteht auf ihrem Schein.
Da grub man die hungrige Alte ein.
so sage das alte Weib nichts mehr!
Nur der Arzt lachte noch über die Alte
Auch die Vöglein schweigen im Walde,
über allen Gipfeln ist Ruh.

Da kam einmal ein einz'ger Mann daher;
der hatte für diese Ordnung keinen Sinn.
Der fand in der Sache einen Haken drin.
Der war eine Art Freund für die Alte.
Der sagte: ein Mensch müsse essen können, bitte sehr, ein Mensch!
Darauf schwiegen die Vöglein im Walde.
Über allen Gipfeln ist Ruh,
in allen Wipfeln spürest du kaum einen Hauch!

Da kam einmal ein Polizist daher,
der hatte einen Gummiknüppel dabei.
Der zerklopfte dem Mann seinen
Hinterkopf zu Brei!
Da sagte auch dieser Mann nichts mehr!
Doch der Polizist sagte, daß es schallte:
So! Jetzt schweigen die Vöglein im Walde!
Über allen Gipfeln ist Ruh,
in allen Wipfeln spürest du kaum einen Hauch!

Da kamen mit einem mal viele rote Männer einher,
die wollten einmal reden mit dem Militär!
Doch das Militär redete mit dem Maschinengewehr
und da sagten die roten Männer nichts mehr,
doch hatten sie auf ihrer Stirne noch eine Falte!
Darauf schwiegen die Vöglein im Walde.
Über allen Gipfeln ist Ruh, ist Ruh!

Da kam ein großer roter Bär einher,
der wußte nichts von den Bräuchen,
denn er kam von überm Meer,
und der fraß die Vöglein im Walde!
Da schwiegen die Vöglein nicht mehr!
Über allen Gipfeln ist Unruh!
In allen Wipfeln spürest du jetzt einen Hauch!
 
 

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