Der Staar und das Badwännelein |
in der Spinnstube eines hessischen Dorfs aufgeschrieben
aus Des Knaben Wunderhorn, II. Band
Herr Konrad war ein müder Mann, Er band sein Roß am Wirthshaus an.
2. Das Mägdlein sprach, steig ab, steig ab,
3. Ach Jungfer liebste Jungfrau mein,
4. Ach Herre, lieber Herre mein!
5. Trink ab, trink ab du rother Mund,
6. Frau Wirthin, liebe Frau Wirthin mein,
7. Mein Töchterlein ist sie nicht fürwahr,
8. Wollt ihr mir sie leihen auf eine Nacht?
9. Wollt ihr mir geben des Goldes Macht,
10. Nun richt dem Herrn ein Fußbad an,
11. Sie ging in Garten und brach das Kraut,
12. In dem Badwännelein ist sie hergetragen,
13. Der Vater starb in Leid und Noth,
14. O weh du Braut! du Findelkind,
15. Da trug sie das Badwännelein,
16. Sie fühlt hinein, obs nit zu warm,
17. Ach meine Braut was weinst du dann?
18. Du bist mir gut für einen Mann,
19. Ich war im Garten und brach das Kraut,
20. In dem Badwännelein ist sie hergetragen,
21. Der Vater starb in Leid und Noth,
22. O weh du Braut, du Findelkind,
23. Da sah der Herr das Badwännelein an,
24. Das ist meines Herrn Vaters Schild allein,
25. Da sang der Vogel am Fensterladen:
26. O weh du Braut, du Findelkind!
27. Herr Konrad sah an ihren Hals,
28. Grüß Gott, grüß Gott mein Schwesterlein.
29. Christina heißt deine Mutter, |
30.Da knieten sie nieder auf ihre Knie, Und dankten Gott bis morgens früh.
31. Daß er sie hielt von Sünden rein,
32. Und als zu morgen kräht der Hahn,
33. Steh auf, steh auf du junge Braut,
34. Sie ist fürwahr keine junge Braut,
35. Herein Frau Wirthin nur herein,
36. Und als die Wirthin zur Stube eintrat,
37. Woher habt ihr das Jungfräulein?
38. Die Wirthin ward bleich als die Wand,
39. In einem Lustgarten im grünen Gras
40. Da hat die bös' Zigeunerin
41. Herr Konrad war so gar entrüst,
42. Er bat sein Schwesterlein um einen Kuß,
43. Er führt sie bey der schneeweißen Hand
44. Das Wännelein trug sie auf dem Schooß,
45. Und als er in das Thor eintritt,
46. Ach Sohne, lieber Sohne mein,
47. Sie führt das Wännelein ja zur Hand,
48. Es ist fürwahr keine junge Braut.
49. Und als sie von dem Sattel sprang,
50. Und als sie wieder zu Sinnen kam
51. Laß sie sichs eine Freude sein,
52. Heut sind es fürwahr achtzehn Jahr,
53. Und ward getragen übern Rhein
54. Und als sie sprach, da kam der Staar,
55. Und sang: O weh mein Ohr thut weh,
56. Ach Goldschmidt lieber Goldschmidt mein,
57. Schmied mirs wohl vor das Badwännlein, |