Moriz von Sachsen

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Die Geschichten und ritterlichen Thaten Moritz Herzogs zu Sachsen, durch Leonhardt Reutter. 1553. Flugschrift
aus Des Knaben Wunderhorn, I. Band

Mir kam ein schwerer Unmuth an,
Ich konnt mich selber nicht verstan,
Und wuste selbst nicht wie mir was,
Ganz traurig auf mir selber saß,
Ging in die Stadt wohl hin und wieder,
Mir war nicht recht, ich legt mich nieder,
Und must dem Unglück geben Raum,
Da fiel mir ein ein schwerer Traum.
Däucht mich, wie ich zu Freiberg,
Noch war mein Herz mir also schwer,
Vermeint ich wollt zur Kirchen nun,
Vielleicht würd' man ein Predigt thun,
Ich kam zum Dom, war ganz verdrossen,
Da warn alle Thürn verschlossen,
Ich dacht es muß nicht recht da seyn,
Doch klopft ich an, man ließ mich ein.
Mich fragten, was ich wollt so bald?
Die ganze Kirch hätt' traurig Gestalt,
Mit schwarzem Gewand bezogen war
Die Vorkirche und auch der Altar,
Viel Wappen sah ich rummer hangen.
Mit Trauren mein Herz wurd' umfangen,
Ich ging schnell zu der Kirchen aus,
Däucht mich, ich wollt' zum Thor hinaus,
Zum Spitalholz stand mein Begehr.
Da sah ich erst ein traurig Heer,
Wenig Volk, viel Fähnlein dabei,
Die waren von Farben mancherlei,
Waren zerrissen und zerplundert,
In meinem Traume es mich sehr wundert,
Was doch das all bedeuten thät?
Funfzehn schwarze Fähnlein man hätt,
Die trug man um ein Leich herum,
Ich erschrack sehr, und sah mich um,
Da sah ich ein Haufen in schwarzem Kleid,
Die trugen allesamt groß Leid,
Und wollten auch mitgehn zu Grab.
Nach der Leich, da ritt ein Knab,
Der hatt einen schwarzen Harnisch an,
Däucht mich es war ein Edelmann,
In der Hand hatt' er ein bloßes Schwerdt,
Die Spitze kehrt' er zu der Erd,
Und saß so gewaltig verdrossen,
Auch war der Harnisch durchschossen,
Hinten unter dem Gürtel 'nein,
Ich dacht, weß mag die Leiche seyn?
Von ferne sah ich ein heidnisch Weib,
Von hohem Blick, von stolzem Leib,
Mit Schwerdt und Harnisch samt Sturmhauben,
Gekleidet wie ein Kriegesmann,
Sie sah mich also traurig an.
Ich sprach: Ach Frau, thut mir erlauben,
Auf daß ich euch möcht reden an.
Sie sprach: Was willst du von mir han,
Jezund in meinem großen Leid,
Ich geb dir übelen Bescheid.
Mir ist betrübet all mein Sinn.
Die Sturmhaub wurf sie traurig hin,
Sie wandt ihre Händ und rauft' ihr Haar,
Ich fragt': Weß ist die Todtenbahr?
Sie antwort' mir nach kurzer Frist:
Des Herzog Moritz Leich es ist,
Den du gekannt so manchen Tag.
Ich sprach: Nun sey es Gott geklagt,
Ich hab ihn gekannt, das glaubet ihr,
Ein Wappen gab sein Gnade mir;
Wie ist er kommen um sein Leben?
Sie konnt vor Weinen kein' Antwort geben,
Sprach schluchzend: Folg und geh mit mir,
Groß Wunder will ich sagen dir,
Wie sich der Fürst in aller That,
Ritterlich wohl gehalten hat,
Er war ein theurer Held ganz werth,
Seines Gleichen lebt jetzt nicht auf Erd,
Allein daß er zu leicht geglaubt,
Das hat ihm auch sein Leben geraubt.
Und wand ihr Hände sehr zu Gott,
Sie sprach: Das ist ein großer Spott,
Das viel auf beiden Achseln tragen,
Doch darf man's vor der Welt nicht sagen,
Das hat den Fürsten ums Leben bracht,
Ach, ach, ich hab es lang bedacht.
Ich sprach: Frau, eins verzeiht mir noch,
Und saget mir, wie heißt ihr doch?
Zur Antwort sagte sie mir Beflissen,
Und sprach: Ich heiße Frau Pallas,
Bin eine Göttin des Kriegs zur Hand,
That diesem Fürsten auch Beistand,
Denn aller Krieg, den er anfing,
Letzlich zufrieden wohl ausging.
Ach wie hatt ich im Traum ein Klag;
Indem brach an der helle Tag.
Noch konnt ich mich gar nicht bedeuten,
Da that man schon zur Predigt läuten,
Ich erwacht von dem Glocken Ton,
Stund schnell auf, und zog mich an,
Dacht dem Traum nach in meinem Sinn,
Ging auch schnell gen Freiberg hin.
Da fand ich alles in der Stadt,
Wie mir die Frau gesaget hat,
Ach, wie weh war mir zu Muth,
Daß der theure Fürst so gut,
So schändlich war ums Leben kommen,
Das hat mich schmerzlich übernommen.

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