Willst wißen du mein lieber Christ

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Samuel Friedrich Sauter

Willst wißen du, mein lieber Christ,
Wer das geplagteste Männchen ist?
Die Antwort lautet allgemein:
Ein armes Dorfschulmeisterlein.

2. Bei einem kargen Stückchen Brot,
Umringt von Sorgen, Müh und Not,
Soll es dem Staate nützlich sein,
Das arme Dorfschulmeisterlein.

3. Noch eh der Hahn den Tag begrüßt,
Und alles noch der Ruh genießt,
Hängt's schon am Morgenglöckelein,
Das arme Dorfschulmeisterlein.

4. Geendigt hat die Uhr den Lauf,
Es zieht dieselbe wieder auf,
Wälzt kräftig an dem Treibestein,
Das schwache Dorfschulmeisterlein.

5. Von diesem Frühgeschäfte matt,
Was wunder, wenn es Grimmen hat.
Drum schluckt's ein Tröpfchen Branntewein,
Das arme Dorfschulmeisterlein.

6. Der Tag steht nun in hellem Licht.
Das Weibchen hat auch angericht'
Nun schlingt's die Morgensuppe ein,
Das arme Dorfschulmeisterlein.

7. Jetzt erst beginnt die größte Plag':
Sein Ämtchen sperrt den ganzen Tag
Zu Kindern in die Schul' hinein,
Das arme Dorfschulmeisterlein.

8. Hier ist es nun, das eine brummt,
Das andre lacht, das dritte summt
Mutwillig in das Ohr hinein
Dem armen Dorfschulmeisterlein.

9. Wenn's liebevoll den Kindern wehrt,
Und keines die Ermahnung hört,
So schlägt es öfters hitzig drein,
Das gähe Dorfschulmeisterlein.

10. Ein Kind zeigt dies dem Vater an,
Und der, ein ungeschliffner Mann,
Macht ihm die größten Flegelein,
Dem armen Dorfschulmeisterlein.

11. So wird die Speise ihm vergällt,
Die es auf den Mittag erhält.
Nie darf sich's eines bessern freun,
Das arme Dorfschulmeisterlein.

12. Was ist denn wohl des Männchens Kost?
Nur leer Gemüs' und saurer Most.
Höchst selten Fleisch von einem Schwein.
O armes Dorfschulmeisterlein.

13. So es mittags nicht Schule hält,
Geht's mit der Haue in das Feld,
Und schafft, weil der Gehalt so klein.
O armes Dorfschulmeisterlein.

14. Nachts macht sich's, wenn es Hunger hat,
Mit Suppe und Kartoffeln satt.
Sonst gibt es nichts? Ach, leider, nein.
O armes Dorfschulmeisterlein.

15. Von Sorgen wird es aufgeschreckt,
Wenn alles noch in Federn steckt.
Und voller Kummer schläft es ein,
O armes Dorfschulmeisterlein.

16. In diesem Zirkel dreht es sich,
Die ganze Woch' bedauerlich.
Kein Tag ist ohne Kreuz und Pein.
O armes Dorfschulmeisterlein.

17. Valliret oft die Kirchenuhr,
Verfehlt sich oft der Zeiger nur,
Da schimpft der Schulz und die Gemein'
Auf's arme Dorfschulmeisterlein.

18. Anfänglich nahm man gern vorlieb,
Wenn es den Unterricht betrieb.
Jetzt sollt's ein halb Gelehrter sein,
Das arme Dorfschulmeisterlein.

19. Befindet sich's bei einem Schmaus,
So heißt's, wenns kaum zur Tür hinaus:
Es ißt, es trinkt, es stinkt auch ein,
Das grobe Dorfschulmeisterlein.

20. Hat's einmal etlich Stückchen Geld,
Und kommt es müd und matt vom Feld,
Trinkt's auch beim Wirt ein Gläschen Wein,
Das durst'ge Dorfschulmeisterlein.

21. Wenn nun allda der Fall geschieht,
Daß es wie Noah sich versieht,
So will es ihm kein Mensch verzeihn,
Dem guten Dorfschulmeisterlein.

22. Bei Leichen und im Gotteshaus
Brüllt oft ein Dummkopf nebennaus.
Ach Gott: wie muß es da nicht schrei'n?
Das arme Dorfschulmeisterlein.

23. Wenn's mit den Kindern sich nicht hält
Zur Zeit, wo ein Präsentchen fällt,
Da büßt es leider merklich ein.
Das arme Dorfschulmeisterlein.

24. Oft macht's der Pfarrer ihm zu bunt
Und läßt ihm keine Ruhestund'
Was will's, es muß gehoram sein,
Das alte Dorfschulmeisterlein.

25. Doch ist ihm noch der Trost beschert,
Daß seine Not nicht ewig währt.
Im Grabe, Gott, wie wohl wird's sein,
Dem armen Dorfschulmeisterlein.

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