Zu Günzburg in der werthen Stadt,
Als ihre Zunft den Jahrstag hat,
Die Schneider alle kamen,
Die Meister sämmtlich jung und alt,
Die Gesellen auch in schiefer Gestalt
Da in der Kirch zusammen.
2. Der Teufel aber hat kein Ruh,
Baut sein Capelle auch dazu,
Als sie zum Opfer gehen,
Da hat man mitten in der Schaar
Ein großen Geißbock offenbar
In ihrer Mitt' gesehen.
3. Der gieng ganz sittsam neben her
Dem Opfer zu in aller Ehr,
Und thät sich doch nit bücken,
Ein alter Meister hochgeschorn
Der faßt da einen grimmen Zorn,
Und wollt darüber zücken.
4. Wo führt der Teufel den Bock daher,
Potz Elle, Fingerhut und Scheer,
Er kömmt mir recht und eben,
Gieng er nur besser her zu mir,
Ich wüsste schon ein Kunst dafür,
Wollt ihm ein Maultasch geben.
5. Der Geißbock hätt sehr feine Ohrn,
Vermerkte bald des Schneiders Zorn,
Hätt doch nichts zu bedeuten,
Er machet sich zugleich unnütz,
Und biet dem Schneider einen Trutz,
Gieng frisch ihm an die Seiten.
6. Der Schneider aber hielt sein Wort,
Es war grad an der Stiege dort,
Er griff den Bock beim Boschen,
Er stieß denselben hin und her,
Als wenns des Bocks sein Mutter wär,
Gab ihm eins an die Goschen.
7. Der Geißbock fiel die Stiegen ein,
Das mußt er also lassen sein
Und dürft sich nicht wohl rächen,
Gieng bald darvon in aller Still,
Gedacht der Schneider sind zu viel,
Sie dürften mich verstechen.
8. Frau Burgermeisterin alldort
Stand in dem Stuhl an ihrem Ort,
Die hat der Bock ersehen,
Er gieng ganz traurig zu ihr hin,
Und klagte ihr in seinem Sinn,
Wie hart ihm wär geschehen.
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9. Er sprach: Ich habs nit bös gemeint,
Dieweil die Schneider meine Freund,
Hab ich für Recht ermessen,
Daß ich mit Meister und Gesell
Mich bei dem Jahrstag auch einstell,
Bin grob doch eingesessen.
10. Die Maultasch hab ich nit erwart',
Hätt sonst mein Fell so rauch und hart
Gar wohl verschonen können,
Jezt habe ich die Stöß davon,
Die hängen mir mein Lebtag an,
Das fühl ich an dem Brennen.
11. Wenn ich aufs Jahr noch hier verbleib,
Bleib ich daheim und schick mein Weib,
Kanns leichter übertragen,
Die ist zumahl ein reine Geiß,
Wie sie und jedermann wohl weiß,
Die dürften sie nit schlagen.
12. Die Frau sagt ihm auf sein Begehrn:
Geh nur mein Schatz, klags meinem Herrn,
Dem Schneider bringts nicht Rosen.
Der Geisbock neiget sich vor ihr,
Bedankt sich auch auf sein Manier
Mit Stutzen, Meckern, Stoßen.
13. Der Schneider schaut von ferne zu,
Des Bocks Anklag gab ihm Unruh,
Wolt schier darum verzagen,
Daß er den Bock, es war ihm leid,
Aus Zorn und Unbescheidenheit
Im Gotteshaus geschlagen.
14. Wies endlich ablief noch zur Lust,
Das ist den Schneidern wohl bewußt,
Habs weiter nit beschrieben,
So viel ich hab gehört davon,
Hat er dem Bock Abbitt gethan,
Dabei ist es geblieben.
15. Ein guter Herr, der sprach mich an,
Dem hab ich es zu lieb gethan,
Sein Bitt nit abgeschlagen,
Und diese schöne Action
Ins guten Kerles Weiß und Ton
Also zusamm getragen.
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